Geschichte Pommern und Schlochau

Die Geschichte Pommerns ist geprägt durch die Wanderung der Stämme der Ostgermanen, Burgunder, Rugier, Gepiden und Goten. Letztere drängten die Burgunder ins Rheingebiet ab, bis sie schließlich in in Frankreich landeten.

 

Ab dem 6. Jahrhundert beginnt die slawische Einwanderung. Aus der Vermischung der Wenden mit der germanischen Restbevölkerung entstand das Volk der Pomoronen, die sprachlich eine eigene Gruppe darstellte. Der Name Pommern steht für die Bewohner am Meer.

 

Diese Region war immer ein Streitobjekt der umliegenden Mächte. Anfang des 14. Jahrhunderts hatten die Markgrafen von Brandenburg die Lehnshoheit über einen großen Teil dieses  Gebietes. Da das Pomerellen-Herzoghaus der Samboriden ohne Erbfolger blieb, begann ein Machtkampf zwischen dem polnischen Herzog und den Markgrafen um dieses Gebiet. Am 13. September 1309 erwirbt dann der Deutsche Orden im Vertrag von Soldin das östliche Pomerellen für 10 000 Preußische Mark. Mit der Bestätigung des Vertrages durch Heinrich VII. gehörte das Gebiet ab jetzt zum „Heiligen Römischen Reich“.

 

Am 4. September 1312 erwarb der Deutsche Orden die Grafschaft Schlochau von Nikolaus von Ponitz, um Siedler aus dem deutschen Kernland anzuwerben. Die Gegend  war sehr dünn durch die Pomerellen besiedelt und die einzige Siedlung mit Stadtcharakter war bis dahin Konitz. Neben den normalen Zuwanderern siedelten hier auch verdiente Leute des Deutschen Ordens, die mit größeren Ländereien belohnt wurden, den Rittergütern. Der Orden selbst legte für seine Versorgung sogenannte Vorwerke an. Besonders der westliche Teil des Ordenslandes musste sich zunehmend der Angriffe der Pommern aus dem Westen und der Polen aus dem Süden erwehren. Folglich entstand in Schlochau 1365 die zweite Ordensburg nach Marienburg. Schlochau erhielt 1348 die Handfeste, die Gründungsurkunde.

 

Obwohl Rechtsprechung und Verwaltung vorbildlich sind für diese Zeit, scheint der Orden die Abgabenschraube überdreht zu haben. Jedenfalls verbünden sich die Grundbesitzer 100 Jahre später mit Polen gegen den Orden. In der Schlacht von Tannenberg 1410
wird das Heer des Ordens geschlagen. Es folgt der Dreizehnjährige Krieg. In dieser Zeit wurden bis zu ¾ der Höfe in der Gegend vernichtet.

 

Der Thorner Frieden 1466 beendet die langen Zwistigkeiten mit dem Ergebnis, dass das Gebiet an Polen abgetreten wird. In den 300 Jahren unter polnischer Regierung ändert sich wenig an der Bevölkerungsstruktur. Urkunden und Inschriften sind weiterhin in
deutsch oder später auch lateinisch verfasst. Nun ist ein Staat zu dieser Zeit nicht mit einem heutigen Nationalstaat zu vergleichen. Die Abhängigkeit von Behörden war gering. So war es den Leuten auf dem Land egal, an wen sie die Steuern entrichteten. Aus den
Landkreisen wurden Starostereien. Wenn nicht Kriege die Bevölkerung dezimierte, blieb die ethnische Verteilung stabil. Nationale Besonderheiten in der europäischen Kultur bildeten sich ohnehin erst zwischen dem 11. bis 13. Jahrhundert heraus; im Osten erst 200 Jahre später.

 

Dieser relativ friedliche Status änderte sich jedoch 1630 mit der Landung der Schweden in Peenemünde und der Eroberung eines Großteils von Pommern. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts war Pommern geteilt, Vorpommern fiel an Schweden und Hinterpommern an Brandenburg. Nach der Krönung von Friedrich III. 1701 in Königsberg zum „König in Preußen“ gehörte dieser Teil Pommerns endgültig zu Preußen.

 

Im Nordischen Krieg (1700 bis 1721) wurden die Schweden aus Pommern vertrieben und der größte Teil Vorpommerns fiel an Friedrich Wilhelm I., den Soldatenkönig. Damit war Pommern wieder weitgehend vereinigt. Das Klima für Neusiedler war jetzt günstig und es gab viel Land, das zu besiedeln war. Die „Pustkowie Barenbruch“ wurde durch die Starostin von Schlochau 1724 der Gemeinde Flötenstein überschrieben und zur Besiedlung freigegeben.

 

In den Jahren 1772 bis 1795 wurde Polen unter den Mächten Preußen, Österreich und Russland aufgeteilt. Friedrich II. von Preußen verfügte, dass die ihm zugefallenen Gebiete
um Danzig ab dem Zeitpunkt Westpreußen hießen. Somit gehörte der Kreis Schlochau bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zu Westpreußen.

 

Flötenstein ist eine Gründung aus der Zeit des Deutschen Ordens. Es wurde 1356 durch die Familie Stange gegründet. Der Orden übertrug damals die Gründung von Gemeinden ausgesuchten Familien, die für das Anwerben von Siedlern und den Aufbau der
Infrastruktur verantwortlich waren. Dafür wurden sie weitgehend von den Abgaben freigestellt. Der Namen Flötenstein entwickelte sich aus dem niederdeutschen Fließenstein über Vlisensteyn, Fletenstein und Flettenstein zu Flötenstein. Im Plattdeutsch hat sich noch der erste Name Fleitsteje erhalten. Der Ort war mit über 4000 ha die größte Landgemeinde des Kreises.

 

Der Kreis – zur Ordenszeit eine Komturei – war Grenzland, im Westen zu Pommern und im Süden zu Polen. Der Orden musste das Gebiet schnell besiedeln, um Eindringlinge abzuhalten. In der unglaublich kurzen Zeit von 90 Jahren, zwischen 1320 und 1410, wurden fünf Städte und 100 Dörfer angelegt. Die Siedler kamen zu dieser Zeit fast ausschließlich aus Westfalen und Niedersachsen, was vor allem die Sprache – unser Platt – geprägt hat, die auf dem Plattdeutsch des Nord- und Ostseeraumes basiert. Trotzdem betrug die Siedlungsdichte 1939 mit 32,7 Einwohnern pro Quadratkilometer nur fast ein Zehntel der Dichte des restlichen Deutschlands. Damit hat man auch eine Vorstellung von der geringen Besiedlung vor dem Erwerb durch den Orden.
Reformen im 19. Jahrhundert bringen Bewegung in die Dörfer. Bauern wurden von der Scharwerkspflicht befreit, was eine Art Arbeitseinsatz auf den Adelshöfen oder auch Fronarbeit war. Gemäß dieser Verpflichtungen bezeichnete man die Landarbeiter auf den Gütern auch als Scharwerker. Ein anderer Erlass hob die Bindung an die Scholle auf, was zu einer großen Welle von Landflucht und Auswanderung führte. Ab 1870 verlor der Kreis
Schlochau innerhalb von 30 Jahren 37% der Bevölkerung.

 

Als ich begann, über die Anfänge von Flemmingsort zu recherchieren, standen mir nur sehr wenige Quellen zur Verfügung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren
keine Dokumente über die geschichtliche Entwicklung des Ortes und den Kreis mehr vorhanden oder mir nicht zugänglich. Die Aufzeichnungen über die Gründer und Vorfahren Flemming sind nur teilweise durch beglaubigte Abschriften von Urkunden belegt. Viele Details habe ich durch ehemalige Einwohner aus Flemmingsort bezogen, weil ein Lehrer an der Schule im Ort diese Geschichte erforscht und sie in Heimatkunde unterrichtet hatte.

 

Zu den Zeugen, die zu dieser Zeit die Schule in Flemmingsort besuchten und die ich befragen konnte, zählen neben unseren Eltern noch Christel Schüpke, die Großcousine Adelheid Flemming und Franz Mutz. Die Angaben lassen sich teilweise durch Daten in den verwendeten Quellen belegen.

 

Viele geschichtliche Informationen habe ich dem Buch „Der Kreis Schlochau“ entnommen, herausgegeben 1974 von Manfred Vollack und Heinrich Lemke. Andere stammen aus „Propyläen Geschichte Deutschland 2“ von Hagen Keller und „Pommern Land am Meer“ von Heinz Butzlaff. Detailliertere Informationen über die Entwicklung von Flemmingsort könnten in dem Buch „Aus vergangenen Tagen des Kreises Schlochau“ von August Blanke stehen, das 1936 im Verlag Emil Scholz in Schlochau erschienen ist. Vollack und Lemke berufen sich mehrfach auf dieses Buch. Leider ist es mir nicht gelungen, ein Exemplar aufzutreiben.

 

Heinz Flemming, Februar 2018